Bei Konflikten mit anderen Personen wird gerne die Hilfe einer Mediatorin in Anspruch genommen. Allein der Umstand, dass eine aussenstehende Person anwesend ist, sorgt dafür, dass weniger laut und heftig gesprochen wird und dass man über Sachthemen etwas sachlicher sprechen kann. Das ist wie beim Placebo, wo die Präsenz einer Person im weissen Mantel und ein Medikament, das nicht einmal Wirkstoffe enthalten muss, die halbe Therapie ausmachen. Ein Mediator ist also auch ein Placebo (aber nicht nur!), salopp gesagt.
Um einen Konflikt zu erleben, braucht man nicht unbedingt ein Gegenüber. Viel häufiger sind die Konflikte, die man mit sich selber auszutragen hat. Die vielen verschiedenen Seiten einer Person, melden sich, je nach Situation, je nachdem, was von uns erwartet wird. Jede dieser Seiten macht sich mit einer eigenen Stimme bemerkbar, zum Teil lautstark, heftig, auf alle Fälle kontradiktorisch. Als Herr all dieser inneren Stimmen weiss ich dann gar nicht mehr, welcher dieser Stimmen ich recht geben soll. Es gibt da zum Beispiel, den Vorsichtigen in mir, der vor Risiken warnt, den Neugierigen, der etwas ausprobieren will, den Ehrgeizigen, der etwas Erreichen will, den Höflichen, der anderen den Vortritt lässt und so weiter. In dieser Konfliktsituation den Weg zu finden, der mir «wirklich» entspricht, der alle Stimmen zufriedenstellt, ist anspruchsvoll und kann auch dazu führen, dass ich gar nichts mache.
Im zwischenmenschlichen Konflikt kann eine Mediatorin helfen, Beziehungen, Interessen und Wertvorstellungen zu klären, um damit Blockaden zu vermeiden.
Für meine inneren Konflikte kann ich eine Vertrauensperson bitten, mir zuzuhören, Fragen zu stellen, Widersprüche aufzuzeigen und Überlegungen anzuregen.
Da eine Vertrauensperson nicht immer zur Verfügung steht, die Situation aber sehr häufig vorkommt, kann man auch die inneren «Experten» zu Wort kommen lassen. Und ich höre mal zu, was die zu sagen haben. Es ist schon viel gewonnen, wenn jede Stimme gezwungen ist, in Worte zu fassen, was sie will, denkt und dabei fühlt. Es ist hilfreich, dieses «Teamgespräch» aller inneren Stimmen auch leise vor sich hinzusprechen, ein Selbstgespräch zu führen. Es wird mir dabei bewusst, welche widerstrebende Kräfte im Spiel sind und was mir wichtig ist. Das gibt mir Selbstvertrauen und ich kann so sicher und authentisch mitteilen, was ich denke und mein Handeln begründen.
Selbstgespräche haben ein schlechtes Image. Das sollte nicht so sein. Sie sind viel besser und nützlicher, als es ihr Ruf vermuten lässt. Es ist auch kein Nachteil, wenn bei solchen Gesprächen jemand zuhört. Wenn ich meine Überlegungen teile, wird mein Verhalten von meinen Mitmenschen besser verstanden. Die Transparenz, die ich dadurch schaffe, stärkt zudem das Vertrauen.