(Von rauchenden und nicht-rauchenden Nachbarn)
Die Freiheit, in seinen privaten Räumen zu rauchen und die Freiheit, rauchfreie Luft zu atmen in seinen privaten Räumen, sind beides legitime Anliegen und führen im täglichen Leben oft zum Konflikt.
Die Gesetzgeber haben keine klare Lösung für diesen Widerspruch. Der gesetzliche Rahmen besagt, dass beide Seiten Rücksicht nehmen sollen. Rauchemissionen im «erträglichen» Mass, seien zu tolerieren. Wo das nicht funktioniert, muss letztlich eine Richterin entscheiden, ob ein «erträgliches» Mass vorliegt oder nicht. Viele Gerichtsentscheide zu diesem Thema gibt es nicht, so dass in jedem Einzelfall neu beurteilt werden muss, wer Recht bekommen soll.
Das Gesetz für den Passivrauchschutz verbietet das Rauchen in geschlossenen Räumen, die öffentlich sind und in Räumen, wo sich mehrere Arbeitsplätze befinden. Da gehört der Balkon nicht dazu.
Wer raucht ist abhängig vom Nikotin, einem Nervengift. Das konsumierte Nikotin erreicht das Hirn innert 7 bis 9 Sekunden. Ähnlich wie bei Amphetamin und Kokain sorgt das Nikotin dafür, dass Dopamin ausgeschüttet wird. Das Dopamin sorgt für Wohlbefinden, es wird wie eine Belohnung empfunden. Über 70% der Rauchenden würden gerne aufhören zu rauchen, schaffen es aber nur selten. Die oft vehementen und unnachgiebigen Reaktionen auf ein Ansinnen, das Rauchen einzuschränken, sind auf diesem Hintergrund besser verständlich.
Es ist anspruchsvoll, sich mit einer Nachbarin darüber zu einigen, ob und wie das Rauchen der einen vom anderen toleriert werden soll. Die Wohnungsnot erstickt den Wunsch nach einem Wohnungswechsel im Keim und sorgt dafür, dass häufig zähneknirschend akzeptiert wird, was als unerträglich erlebt wird.
Rauchende stellen sich oft auf den Standunkt, in ihren vier Wänden habe niemand dreinzureden was er oder sie tun darf und was nicht. Wer gestört wird, fühlt sich oft schutzlos und ohne legitime Druckmittel der Belästigung ausgesetzt.
Eine gütliche Einigung setzt voraus, dass beide Seiten ein erhebliches Interesse daran haben, in guter Nachbarschaft zu leben und dementsprechend aufeinander Rücksicht nehmen.
Wo dieses gemeinsame Interesse fehlt oder nur in geringem Masse vorhanden ist, wäre auch ein «Tauschgeschäft» möglich, z.B.: Für die Mitbenützung des Parkplatzes ist der Raucher bereit, seine Gewohnheiten zu ändern, nämlich an einem anderen Ort zu rauchen und/oder weniger häufig zu rauchen und/oder zu anderen respektive eingeschränkten Zeiten. Oder der Rauchende akzeptiert im Gegenzug für die Toleranz der Nichtrauchenden, dass der Sohn der Nachbarin bis um 22 Uhr Schlagzeug übt (mir ist kein solches Beispiel bekannt!).
Auch das gelingt nur sehr selten.
Oft ist das Klima zwischen den Nachbarn so angespannt, dass sie kein direktes, konstruktives Gespräch mehr führen können. Ein gut geschulter und erfahrener Mediator oder eine ebensolche Mediatorin kann als Drittperson die Kommunikation auf eine ergebnisorientierte Bahn lenken.
Wo keine gütliche Einigung zustande kommt zwischen den Direktbetroffenen, kann auch die Vermieterin in die Pflicht genommen werden. Schliesslich ist sie gehalten, für korrekte Wohnbedingungen zu sorgen. Übermässiger Rauch gehört nicht dazu. Die Verwaltungen scheuen diese Aufgabe wie der Teufel das Weihwasser. Teils weil sie überfordert sind, teils weil die Chancen gering sind, eine Einigung zu erzielen. Um eine Verwaltung dazu zu bringen, sich für eine Lösung einzusetzen, braucht es oft Druckmittel: Ein Protokoll der Belästigung führen und den Mietzins hinterlegen. Aber Vorsicht: Um den Mietzins zu hinterlegen müssen einige wichtige Details beachtet werden. Es empfiehlt sich, den Mieterverband um Rat zu fragen, um Fehler zu verhindern.
Ein Nervengift, das schnell und heftig abhängig macht und ein Rauch, der die Gesundheit stark gefährdet, das sind Bestandteile des Konflikts, die dafür sorgen, dass eine Lösung nur schwer zu finden ist. In diesem Fall lohnt es sich mehr als in anderen Fällen, präventiv einen guten Kontakt aufzubauen und zu pflegen mit den Mitbewohnern. Eine Vertrauensbasis ist die Voraussetzung dafür, dass trotz einer schwierigen Situation ein konstruktives Gespräch möglich wird.
Bruno Meili